FAMILIENSTIFTUNG – ERSTMALIGE AUSSTATTUNG UND ANWENDUNG VON STEUERKLASSE UND FREIBETRAG IN BEZUG AUF DEN „ENTFERNTESTEN“ BEGÜNSTIGTEN
- Strunk
- 12. Aug.
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Neue BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 28.02.2024 – II 25/21)
Bei der erstmaligen Ausstattung einer Familienstiftung mit Vermögenswerten oder bei Anfall der Erbersatzsteuer nach Ablauf von 30 Jahren stellt sich bei der Bemessung der Schenkungssteuerbelastung für den Stiftungsvorgang die Frage, welche Steuerklasse und welcher Freibetrag nach dem Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) zur Anwendung kommen soll. Das ErbStG kennt dazu die Regel, dass bei der Zuordnung der Steuerklasse und des Freibetrages der „entfernteste Berechtigte“ zum Schenker (Stifter) maßgeblich ist.
Welche Fallkonstellationen sind betroffen?
Der BFH hat nun entschieden, dass auch potentielle Vermögensvorteile an noch nicht in der Stiftungssatzung benannte Begünstigte (Destinatäre), dabei zu berücksichtigen sind. Werden also in der Satzung auch Zuwendungen an noch nicht geborene Abkömmlinge des Familienstammes oder sonstige noch nicht konkret benannte Personen vorgesehen, führt dies dazu, dass die dafür in § 15 ErbStG vorgesehene Steuerklasse und der Freibetrag zu berücksichtigen sind.
Im entschiedenen Fall betraf dies noch nicht geborene Urenkel des Stifters, die als mögliche Destinatäre zukünftig begünstigt sein könnten. Im Zeitpunkt der Gründung waren lediglich die Kinder des Stifters als konkret Begünstigte eingesetzt worden. Ergebnis der Entscheidung ist, dass nicht der Freibetrag der Steuerklasse I von EUR 400.000 für Kinder zur Anwendung gekommen ist, sondern lediglich der Freibetrag von „übrige Personen der Steuerklasse I von EUR 100.000. Für den Steuersatz war dies nicht relevant, da auch die Enkel der Steuerlasse I angehören.
Relevant wird dies bei im Zeitpunkt der Stiftung noch nicht geborene Personen der Steuerklasse II (z.B. Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern, Schwiegerkinder) oder geschiedenen Ehegatten sowie alle übrigen Personen, die der Steuerklasse III zuzuordnen sind. In der Steuerklasse III sind Steuersätze von 30% bis 50% vorgesehen und der Freibetrag liegt lediglich bei EUR 20.000.
Was ist zu tun?
Bei Errichtung einer Stiftung mit Stiftungsgeschäft und Satzung, ist bei der Definition des Begünstigtenkreises sorgfältig vorzugehen und die Rechtsprechung des BFH in Betracht zu ziehen. Formulierungen, die potentielle Abkömmlinge eines Familienstammes einbeziehen oder mögliche Personen, die in keinem Verwandtschaftsverhältnis mit dem Stifter stehen, können zu erheblichen Mehrbelastungen bei der Erbschaft/Schenkungsteuer führen.
Grundsätzlich ist die Begünstigung von nicht verheirateten oder in einer Lebenspartnerschaft stehenden Personen durch den niedrigen Freibetrag in Steuerklasse III nicht gegeben. Dazu kommen erhebliche Belastungen durch die Steuersätze von bis zu 50%, ab einem Vermögensanfall von über 6,0 Mio. EUR.
Bei einer Stiftungsgründung ist an vielfältigen Punkten fachlicher Rat angeraten, aber insbesondere bei der Festlegung des Begünstigtenkreises. Diese Fragestellung ist in Bezug auf die Absicherung der Familie über Generationen hinweg ein wichtiger Punkt und steht möglicherweise im Gegensatz zu einer steuerlichen Optimierung.
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Weitergehende Rechtsprechung
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat in einem nicht rechtskräftigen Urteil vom 27.09.2024 (4 K 1138/24) entschieden, dass Regelungen in Bezug auf den Anfallsberechtigten bei Auflösung einer Stiftung bei der Steuerklassenbestimmung und der Begriff des „entferntesten Begünstigten“ keine Rolle spielen soll. Das Finanzamt hatte insoweit die Steuerklasse III angenommen. Es handelte sich dabei um eine Satzung die vorsieht, dass im Falle der Auflösung der Stiftung, soweit keine Abkömmlinge mehr vorhanden sind, der Anfallsberechtigte von Seiten des Vorstandes zu bestimmen ist. Nach Ansicht des FG sei die Stiftungserrichtung vom Vermögensanfall bei Aufhebung grundlegend zu unterscheiden und begründet dies mit der Gesetzgebungshistorie.
Revision ist aktuell beim BFH anhängig (Az. II R 33/24). Es bleibt also weiterhin zu beobachten, wie sich hierzu die Rechtsprechung entwickeln wird. Hamburg, den 26.02.2024